Wer nicht hören will, muss fühlen.
Zitat: "Das stalinistische Motto: "Bestrafe einen und erziehe Hunderte!" kann bezüglich des Internets in "Bestrafe einen und erziehe Hunderttausende" umgewandelt werden. In der Praxis dienen Löschbrigaden primär zur Reinigung der sozialen Medien von politisch inkorrekten bzw. unerwünschten Meinungen. Hinzu kommt aber auch die Wirkung auf die Freunde und Abonnenten des Gestraften: Sie befürchten, dass es ihnen ebenso ergehen könnte. Je häufiger und lächerlicher die Sperren werden, desto heftiger arbeitet die Schere im Kopf. Auf diese Weise werden durch die wiederholte Sperre von wenigen Meinungsführern hunderte, oft sogar tausende Nutzer durch ein ständiges Gefühl der Angst im gewünschten Sinne erzogen. Für viele Menschen ist das Artikulieren ihrer Meinungen in sozialen Medien und Blogs der zentrale Teil ihres privaten und publizistischen Lebens geworden. Sie werden durch die Zensur und Sperrung also auch in gewisser Weise eingesperrt bzw. ermordet − allerdings nicht physisch, sondern nur in der vernetzten Welt, in ihrer digitalen Existenz.
Nachfolgend finden Sie einige der methodischen Hilfsmittel, die sich schon im Sozialismus bewährt haben und auch gegenwärtig zur Eindämmung bzw. Eliminierung unerwünschter Meinungen eingesetzt werden können:
1. Auf schwarzen Listen können Sie missliebige Blogger und andere Menschen mit vielen Freunden und Abonnenten sammeln, bei denen man ständig nach eventuell angreifbaren Formulierungen oder nach geteilten Posts mit solchen Inhalten suchen sollte. Diese Personen sollten dann so oft und so lange wie möglich vom Posten auf sozialen Medien ausgeschlossen werden. Letzteres ist zwar z.T. durch "regelwidrige" Zweitkonten oder durch das Posten von eigenen Texten durch Freunde zu umgehen. Um das zu verhindern, kann man das Konto eines Delinquenten sogar ganz schließen.
2. Durch die automatisierte Suche nach Stichworten können Sie schnell verdächtige Begriffe finden, die sich auf den Profilen vieler Nutzer befinden. Wenn sich ein solcher Begriff nun im Kontext eines unerwünschten Inhaltes befindet, ist dies ein geeigneter Vorwand zur Löschung und Sperrung des Nutzers, der nicht bereits auf einer schwarzen Liste steht und auch (noch) nicht das Opfer eines Denunzianten geworden ist.
3. Denunzianten, virtuelle Blockwarte und Rächer sind der dritte Weg, missliebige Aktivitäten aufzuspüren. Er besteht darin, durch die "melden"-Funktion jedem Nutzer die Möglichkeit zu geben, andere bei den Zensoren anzuschwärzen. Dabei kommen sowohl die selbsternannten Blockwarte − die "Verteidiger des Guten und Richtigen" − zum Zuge, als auch diejenigen, die sich einfach nur an ihrer kleinen Macht als Denunzianten erfreuen. Andere können auf diese Weise Rache für eine Zurückweisung oder Beleidigung nehmen. Allerdings ist es auch leicht möglich, Gruppen von Aktivisten zu organisieren, deren Aufgabe es ist, parallel Beschwerden über missliebige Personen zu verfassen. Da ja nicht nachweisbar ist, dass es sich hier um zentral gesteuerte Aktivitäten handelt, können Sie dadurch den Eindruck eines "berechtigten Volkszorns" erwecken.
4. Sie dürfen jedoch den ständigen Druck auf die Löschbrigaden nicht außer Acht lassen. Zunächst muss schon bei der Vorauswahl der Stellenbewerber sichergestellt werden, dass nur Anhänger linker oder grüner Positionen eine Chance auf einen Job haben. Danach empfiehlt sich die Herstellung eines ideologischen Konformitätsdrucks bei den Gruppengesprächen im Rahmen der Stellenbewerbung. Hier muss bereits anhand der Fragen für alle Teilnehmer deutlich werden, dass nur Kandidaten mit dem erwünschten Meinungsprofil eine Chance auf Einstellung haben. Während der Tätigkeit der Zensoren kommt es auf eine schnelle Taktung von Löschaufgaben an. Wenn z.B. durchschnittlich weniger als eine Minute für eine Entscheidung eingeplant wird, müssen die Mitarbeiter einen Beitrag löschen und einen Nutzer blockieren, ohne den inkriminierten Text im Zusammenhang lesen zu können.
5. Es gibt aber auch Methoden der Zensur im Geheimen, die Sie im Vorfeld einer Löschung nutzen sollten. Hierzu können hauptsächlich zwei Verfahren angewandt werden. Einerseits handelt es sich um den "Shadowban". Wird dieser verhängt, können nur noch die Freunde des zu bekämpfenden Meinungsbildners seine Postings sehen, nicht aber seine Abonnenten. Dies sind aber oft Zehntausende. Eine alternative Methode besteht darin, die Zahl der Abonnenten eines unliebsamen Meinungsbildners heimlich zu reduzieren, indem man per Mausklick Tausende von ihnen aus der entsprechenden Liste löscht."
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