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N-2: Floskeln für das Abtauchen und den Ölmantel an dem alles abperlt



Nicht das Erreichte zählt, sondern das Erzählte reicht.


Zitat: "Eine häufig gebrauchte Form der PaLü ist die Verwendung von Floskeln. Das Prinzip ihres Gebrauchs besteht darin, dass man sich einen eingeölten Plastikmantel überzieht und jede Frage, jede Kritik und jedes Argument daran abperlen lässt. Besonders häufig wird diese Methode bei Pressekonferenzen oder Interviews angewandt. Es reichen wenige Grundstrukturen von Sätzen aus, den gewünschten Effekt zu erreichen. Hier einige Beispiele: „Wir haben dies ausführlich geprüft und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Entscheidung alternativlos ist.“ „Ich nehme Ihre Anregung gerne auf und werde sie zur Prüfung weiterleiten“. „Wir haben uns zu diesem Thema schon bei anderer Gelegenheit ausführlich geäußert und können diesen Aussagen nichts Neues hinzufügen.“ „Ich teile Ihre Besorgnis und kann Ihnen versichern, dass wir mit Hochdruck an einer Lösung arbeiten.“


Das sind klassische Beispiele, auf die das Neuwort „Schwurbeln“ anwendbar ist. Es beschreibt das inhaltslose Lavieren eines Menschen in einer Flut von Allgemeinplätzen. Der Grund dafür ist in vielen Fällen die Absicht, die eigene Unkenntnis der Sachverhalte zu verbergen. Allerdings eignen sich diesen PaLü-Methoden der Schwurbelns bei Regierungsvertretern oder Pressesprechern natürlich auch dazu, Fakten und Hintergründe zu verbergen und sich kritischen Fragen zu entziehen. Neuerdings wird das Modewort allerdings auch als Kampfbegriff für ideologisch korrekte Attacken im Internet verwendet. Jetzt geht es darum, faktenbasierte und rationale Argumente mit der generalisierten Attacke des Schwurbelns zu diffamieren. Witzig ist dabei die Umdrehung der eigentlichen Bedeutung des Begriffs. Inhaltsreichen und rationalen Argumenten wird genau das Gegenteil dessen unterstellt, was sie sind. Ein typisches Beispiel für eine Begriffskeule.


Neben den PaLüs, die kritische Fragen abperlen und ins Leere laufen lassen, gibt es noch Floskeln, die den Fragenden zugleich in die Schranken weisen. „Wir schaffen das!“, impliziert, dass der Fragende weder Mut noch Phantasie hat und vielleicht sogar ein heimlicher Ausländerfeind oder Klimaleugner ist. „Menschlichkeit kennt keine Obergrenze“ wird gebraucht, um Kritik an der Flüchtlingspolitik automatisch mit dem Vorwurf der Unmenschlichkeit zu beschmutzen. „Wir müssen zur Sacharbeit zurückkehren“ impliziert, dass sich der Fragende oder Kritiker in Propaganda verliert, jedoch zur praktischen Lösung von Problemen nichts beitragen kann oder will.


Wenn Journalisten oder Oppositionspolitiker versuchen, diesen Ölmantel der Floskeln zu entfernen, werden sie keinen Erfolg haben, solange Sie sich fest darin einwickeln und die offensichtlichen Peinlichkeiten nicht scheuen, die damit verbunden sind. Der Gebrauch von PaLü in Form von inhaltsleeren Floskeln verlangt also auch einen hohen Grad an Abgebrühtheit. Diese Eigenschaft ist besonders stark bei Politikern und Funktionären ausgeprägt, die kein Ziel haben außer dem einen, ihre Position zu erhalten oder zu verbessern. Wer politische Konzepte verfolgt und vielleicht sogar größere Visionen für die Entwicklung von Staat und Gesellschaft hat, wird nie das Maß von Gleichgültigkeit und Zynismus erreichen können, welches für den virtuosen Gebrauch der Floskel-PaLü zwingend erforderlich ist."

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